WIE WERDEN TRAUBEN GEERNTET?

WIE WERDEN TRAUBEN GEERNTET?

Wenn der Sommer geht und die Nächte frischer werden, beginnt sie: die Zeit der Entscheidung, der Reife, der Arbeit. Die Lese. Für viele das Finale eines Weinjahres, für andere der wahre Anfang. Denn ohne Traube, kein Most. Ohne Most, kein Wein. Und ohne Gefühl für den richtigen Moment? Kein Pet Nat, wie wir ihn lieben.

Ob mit der Schere in der Hand oder mit der Maschine im Rückspiegel – die Weinlese ist alles andere als romantischer Herbstspaziergang. Aber genau da beginnt der Charakter eines Weins: bei der Ernte.

Der richtige Zeitpunkt: Zwischen Zucker, Säure und Bauchgefühl

Wann gelesen wird, entscheidet nicht nur der Kalender, sondern auch der Geschmack. Die Winzer:innen messen Zucker (Oechsle), Säure und pH-Wert – aber oft ist es auch eine Frage des Gefühls. Für Pet Nat etwa muss die Balance stimmen: nicht zu süß, nicht zu reif, die Säure soll tragen, die Hefe arbeiten dürfen, aber nicht explodieren.

Bei Schaumwein kommt’s besonders auf Frische und Struktur an. Wer hier zu spät liest, riskiert Breite statt Spannung. Wer zu früh erntet, bekommt grüne Noten. Also: ein bisschen Mathematik, ein bisschen Magie.

Handlese: Von Hand, mit Herz

Die Handlese ist das, was sich viele unter Weinromantik vorstellen: Rebenzeile für Rebenzeile, mit Schere, Kübel und müden Armen. Der Vorteil? Jede Traube wird begutachtet, Fäulnis bleibt draußen, Qualität bleibt drin.

Für hochwertige Weine – und ganz besonders für natürliche Schaumweine wie Pet Nat – ist die Handlese fast Standard. Warum? Weil beim Pet Nat nichts mehr „korrigiert“ wird. Was in der Flasche landet, war in der Kiste. Punkt.

Maschinelle Ernte: Laut, schnell, effizient

Die mechanische Lese funktioniert anders: große Maschinen rütteln die Reben, die Trauben fallen in Sammelbehälter, fertig. Das ist schnell, günstig, braucht weniger Personal – hat aber auch Nachteile: unreife oder beschädigte Beeren kommen mit und Laub sowieso. Für große Mengen, für unkomplizierte und günstige Weine: absolut vertretbar. Für komplexe Schaumweine? Eher selten.

Lese für Schaumwein: Besonderheiten und Pet-Nat-Kniffe

Bei der Lese für Schaumwein (egal ob Champagner oder Schaumwein aus Österreich) kommt es auf Präzision an: Säure ist Trumpf, Klarheit ebenso. Die Trauben sollen reif sein, aber nicht überreif, kerngesund und frisch. Für Pet Nat gilt noch mehr: kein Spielraum für Fehler, keine „Schönung“ im Nachhinein.

Viele Pet-Nat-Winzer:innen lesen in den frühen Morgenstunden, um Frische zu bewahren. Oft wird sofort gepresst, manchmal als Ganztraube, direkt in den Gärtank. Der Moment zählt – und entscheidet, ob aus einer Traube ein sprudelndes Erlebnis wird.

FAQs

Wann ist Lesezeit in Österreich?
Je nach Region und Jahr: von Ende August bis Ende Oktober. Für Schaumwein oft früher, für kräftige Rotweine später.

Warum ist Handlese besser für Pet Nat?
Weil beim Pet Nat nichts „gebügelt“ wird. Jede Druckstelle, jede Fäulnis macht sich später bemerkbar. Handgelesen heißt: mehr Kontrolle, mehr Qualität.

Wie beeinflusst die Lese den Geschmack?
Früh gelesen = mehr Säure, frischer Stil. Später gelesen = mehr Zucker, mehr Alkohol, mehr Körper. Bei Pet Nats will man meist die Frische – also lieber etwas früher.

Kann man bei der Weinlese dabei sein?
Manche Weingüter – vor allem kleinere, handwerklich arbeitende – freuen sich über helfende Hände oder interessierte Gäste. Es ist körperlich fordernd, aber auch eine echte Erfahrung: nah an der Traube, mitten im Geschehen, meistens mit Jause und Wein danach. Am besten direkt beim Lieblingsbetrieb nachfragen.

Fazit

Die Lese ist mehr als nur Ernte. Sie ist die erste große Weichenstellung im Weinjahr. Wer natürliche Schaumweine will – vor allem Pet Nat aus Österreich – braucht Präzision, Gefühl und oft auch Muskelkraft. Denn was bei der Lese entschieden wird, lässt sich später nicht mehr umdrehen.

Pet Nat trinken heißt auch: der Lese vertrauen. Den Händen, dem Bauchgefühl und der Rebe. Und genau darin liegt der Zauber.